Runder Tisch Holzminden-Belarus e.V.

Der Anfang

Pastor Hinrich Drosselmeyer aus Heinsen hatte nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl Ende der 1980er Jahre, Verbindungen zur orthodoxen Gemeinde in Dzerzinsk, einer 30.000-Einwohner-Stadt, rund 40 Kilometer südlich der Hauptstadt Minsk gelegen, aufgenommen. Auf dessen und der Initiative der Redakteurin der örtlichen Tageszeitung, Birgit Schneider, gelang es, eine Klammer zwischen evangelischen und katholischen Kirchengemeinden im Landkreis Holzminden, dem Diakonischen Werk, dem Deutschen Roten Kreuz, dem Paritätischen Wohlfahrtsverband, der Arbeiterwohlfahrt, dem Technischen Hilfswerk, den Berufsbildenden Schulen Holzminden und dem Holzmindener Handwerk zu bilden, die sich in gemeinsamer Verantwortung für den Aufbau einer humanitären Hilfe für das so stark geschädigte Land stark machten. Mit großzügiger Unterstützung Holzmindener Unternehmen und großer Spendenbereitschaft der Bevölkerung wurden von 1991 bis 1997 insgesamt zehn Hilfsgütertransporte organisiert und durchgeführt.

Gründung des Vereins im Jahr 2001

Um den zahlreichen Spendern einen steuerlichen Vorteil zu ermöglichen und andererseits dem bisher „lockeren“ Zusammenschluss engagierter Personen einen „rechtlichen“ Halt zu geben, erfolgte im Jahr 2001 die Gründung des gemeinnützigen Vereins „Runder Tisch – Hilfe für Weißrussland e. V.“ Zweck des Vereins ist die Förderung der Entwicklungshilfe und der Völkerverständigung, der insbesondere durch die Kontaktpflege zu und Kooperation mit medizinischen, pflegerischen, kulturellen, pädagogischen und wirtschaftlichen Einrichtungen in Weißrussland erreicht wird. Dazu gehört die Vermittlung und Durchführung beruflicher Praktika und Hospitationen, die Vermittlung von Unterricht in deutscher Sprache und die Kooperation mit anderen Fördervereinen mit ähnlichen Zielsetzungen in osteuropäischen Ländern. Zum ersten Vorsitzenden des Vereins wurde Dr. med. Cord Manegold gewählt. Ihm zur Seite standen drei weitere Vorstandsmitglieder: Wolfgang Riesenberg, Ingo Beuser und Dietrich Vogel. Wolfgang Riesenberg ist nach 16 Jahren aus dem Vorstand ausgeschieden. An seine Stelle ist im Jahr 2017 Kiryl Halavach getreten.

Im Jahr 2017 beschloss der Verein eine Namensänderung in „Runder Tisch Holzminden-Weißrussland e.V.“, da sich seit Gründung des Vereins sich sowohl die gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen insbesondere in Weißrussland verändert hatten und der Begriff „Hilfe“ im Vereinsnamen insoweit nicht mehr die tatsächlichen Gegebenheiten widerspiegelten. Auf der Jahreshauptversammlung im Juni 2021 übergab Dr. Cord Manegold den Vorsitz des Vereins nach 20-jähriger engagierter ehrenamtlicher Tätigkeit an Dietrich Vogel. Zum stellvertretenden Vorsitzenden wurde Jan Felix Vogel ebenso wie Ingo Beuser als Kassenwart in ihren Ämtern bestätigt. Zum neuen Schriftführer wurde Frank Hischer, Pädagoge an der Georg-von-Langen-Schule Holzminden, gewählt. Damit wird die enge partnerschaftliche Zusammenarbeit des Vereins mit der Schule dokumentiert. Die Versammlung beschloss weiter einstimmig den Vereinsnamen in „Runder Tisch Holzminden-Belarus e.V.“ zu ändern, um damit dem nationalen und internationalen Sprachgebrauch Rechnung zu tragen.

Projekte

In erster Linie wurde das Projekt „Medizinische Hilfe“ durch Dr. med. Cord Manegold, langjähriger Chefarzt am Evangelischen Krankenhaus Holzminden, vorangetrieben. Bereits 1993 konnten zwei weißrussische Ärzte auf Einladung des Runden Tisches am hiesigen Krankenhaus hospitieren, Untersuchungs- und Operationsmethoden kennenlernen und damit die hier erworbenen Kenntnisse zum Wohl der weißrussischen Patienten anwenden. Bis heute haben an dem „Medizinprogramm“ bereits fast 70 Ärztinnen, Ärzte und Medizinstudentinnen und-studenten erfolgreich und zum Nutzen für beide Seiten teilgenommen. Verbindendes Element ist eine Vereinbarung zwischen dem Agaplesion Evangelisches Krankenhaus Holzminden, der Staatlichen Medizinischen Universität Minsk und dem Verein „Runder Tisch Holzminden-Weißrussland“, die u.a. eine Anerkennung des in Holzminden absolvierten Praktikums im Rahmen des Medizinstudiums in Weißrussland vorsieht.

Als weitere Projekte wurden Praktika in der Landwirtschaft und im Handwerk durchgeführt. Leider konnten diese Projekte wegen politischer und administrativer Veränderungen auf weißrussischer Seite nicht fortgesetzt werden.

Als kulturelles Projekt wurden in den Jahren 2004 und 2007 Kunstausstellungen der Dzerzinsker Kunstschule durchgeführt. Die weißrussische Kunstschule wurde 1986 gegründet und ist wesentlicher Bestandteil des Künstlerausbildungssystems und des Künstlerlebens in Weißrussland. Diverse Arbeiten der Dzerzinsker Kunstschüler befinden sich in renommierten Museen und Gemäldegalerien in Moskau und Minsk, aber natürlich auch in zahlreichen Privatsammlungen in Europa.

Seit 2012 hat der „Runde Tisch“ ein pädagogisches Projekt initiiert: jeweils 2 Pädagogen, die in Weißrussland das Unterrichtsfach „Deutsch“ unterrichten, hospitieren für 4 Wochen an der Georg-von-Langen-Schule – Berufsbildenden Schulen Holzminden und lernen das deutsche Schulsystem in den unterschiedlichen Ausprägungen, von der Teilzeitberufsschule über die Fachoberschule bis hin zum Beruflichen Gymnasium, kennen.

Bis heute haben an diesem Projekt 10 Pädagoginnen und Pädagogen erfolgreich teilgenommen.

Als weiteres pädagogisches Projekt wurde im Jahr 2019 eine  Kooperation zwischen der Franzisk-Skorina Universität Gomel und der Georg-von-Langen-Schule Holzminden begründet, nachdem Vertreter der Schule und des Runden Tisches einer Einladung der Projektleitung aus Gomel und der Universität gefolgt waren. Inhalt dieses Projektes soll der persönliche und digitale Austausch zwischen Studierenden der Universität und Schülerinnen und Schülern der Georg-von-Langen-Schule sein im Fremdsprachenbereich sein.

Ausblick

Seit mehr als 3 Jahrzehnten engagieren sich die Vereinsmitglieder ehrenamtlich entsprechend dem Satzungszweck, dessen oberstes Ziel die Völkerverständigung zwischen Belarus (Weißrussland) und Deutschland ist. Die verschiedenen Projekte tragen dazu bei, durch persönliche Begegnungen wechselseitiges Verständnis für die Kulturen in beiden Ländern zu entwickeln.

Der Verein wird sich auch zukünftig in den bewährten, aber vielleicht auch neuen Projekten engagieren und damit gerade jungen Menschen aus Belarus Möglichkeiten zu eröffnen, das soziale, wirtschaftliche und kulturelle Umfeld in Deutschland näher kennenzulernen.

Unsere Kernaussage heißt daher: Verständigung durch Begegnung!

(Dietrich Vogel, Oktober 2021)